Zunächst fand sich die zu unterschiedlichen Zeitpunkten
angereiste Delegation zu einem Auftaktmeeting in den schönen Räumlichkeiten des
vom Departement of State mit der Organisation der Reise beauftragten Dienstleisters
Meridian zusammen. Gegenseitige Vorstellung, Abgleich von Erwartungen,
Organisatorisches waren Inhalt des 1-stündigen Treffens. Danach ging es zum
Department of Energy (DoE), architektonisches Kleinod aus den späten 60ern, wo
der Autor schon in 2014 anlässlich der SH-Delegationsreise in Sachen Offshore
schon einmal die aufwändigen Sicherheitskontrollen erleben durfte (Wolfgang
Schulz wird sich erinnern…).Dann folgten Präsentationen von vier Referenten mit angeregter
Diskussion mit einer Reihe interessanter Erkenntnisse:
- Das DoE (und nicht das Pentagon) ist u.a. auch
zuständig für die Sicherheit der auf amerikanischem Boden stationierten
Nuklearwaffen – fast 2/3 des Gesamtbudgets wendet es dafür auf!
- Das DoE unterhält ein Netz von Forschungsinstitutionen,
verteilt über das ganze Land – man hat Interesse an Kooperationen und
gemeinsamer Budgetierung mit deutschen Forschungsinstituten.
- Dem DoE obliegt die Genehmigung für Das-Exporte
nach dem Gas-Act von 1938, als man von der Shale-Gas-Revolution, die die USA zu
einem bedeutenden Gas-Exporteur machen würde nichts ahnte.
-
Interessant: für Länder, mit denen
Freihandelsabkommen unterhalten werden, werden Genehmigungen i.d.R sofort
erteilt – ein Grund mehr, aus EU-Sicht das gescheiterte TTIP-Projekt irgendwann
wieder zu beleben (mit anderem Namen und ohne Chlorhühnchen).
Bis auf ein Projekt in Alaska, das auf
State-Level gefördert wird, gibt es für die LNG-Infrastruktur keine
Subventionen.
Aktuell gibt es drei LNG-Exportterminals „under
operation“, eins davon, in Corpus Christi, werden wir diese Woche noch zu sehen
bekommen, weitere sind „under construction“ und nochmal weitere sind bereits
genehmigt.
Aktuell beträgt die Export-Kapazität50 bcm
(Milliarden cubicmeter) pro Jahr, Ende 2020 werden es schon 110 bcm sein und
das ist bei weitem noch nicht das Ende der Möglichkeiten – zum Vergleich: der
gesamte Gasverbrauch in Deutschland im Jahr beträgt rund 80 bcm.
- Das DoE beschäftigt sich intensiv mit dem Thema
Methan-Emissionen und fördert Forschung und Entwicklung um diese von der
Förderung bis zum Verbrauch so weit als möglich zu reduzieren. Die in der
Diskussion in Deutschland behauptete besonders hohe Methan-Emission der
Fracking-Methode wurde bestritten – vielmehr wurde auf eine Studie verwiesen,
die zu dem Ergebnis kommt, dass die Emissionen über die ganze Kette betrachtet
sich für nach Europa verbrachtes LNG nicht wesentlich von denen russischen
Pipelinegases unterscheiden. Wobei darauf verwiesen wurde, dass für letzteres
die Datenlage sehr schlecht sei und einiges geschätzt wurde. Die Studie soll
uns im Nachgang zur Verfügung gestellt werden.
Nach einem schnellen Lunch in der Kantine des DoE (da kann
die Landeshauskantine leider nicht so richtig mithalten) ging es zurück zu
Meridian wo wir uns mit Charlie Riedl, Executive Director des Centers for
Liquefied Gas (CLNG) trafen, einem Verband der LNG-Industrie der USA. Seine
wesentlichen Botschaften:
- ´Die USA werden in 2019 zum drittgrößten
LNG-Exporteur werden.
-
Der Rückgang der europäischen Gasproduktion bei
gleichzeitig auf absehbare Zeit steigender Nachfrage – u.a. wegen des Ausstiegs
aus der Kohleverstromung in einigen Ländern der EU – sorgen in 2030 für einen
Importbedarf von 400 bcm. Ein Bedarf, der so groß ist, dass der sowohl durch
LNG als auch durch vorwiegend russisches Pipelinegas bedient werden kann.
-
U.a. weil der Referenzpreis für LNG in den USA
(Henry Hub) nicht am Ölpreis hängt sei US-LNG bei weiter sinkenden Kosten für
Transport in Deutschland und Europa wettbewerbsfähig.
- Auf meine Frage nach der Einschätzung, dass
Russland die Preise für US-LNG jederzeit unterbieten könne, antwortete er mit
Skepsis: auf Dauer könne Russland das nicht durchhalten, wenn mit Kampfpreisen
der eigene Business-Case gefährdet werde. Dazu passt, dass Gazprom diese Woche
zum ersten Mal in einer offiziellen Kommunikation hat verlautbaren lassen, dass
sie einen echten und harten Wettbewerb mit US-LNG erwarten.
Nach der Session habe ich Charlie Riedl noch einige Fragen
gestellt (Audio starten)
Und schon ging es zurück ins Regierungsviertel, diesmal zum
Department of State (DoS), ein ähnlich attraktiver Bau wie das DoE. Stammt auch
aus der gleichen Epoche. Mit den Vertretern des DoS ging es vor allem um die
geopolitischen Implikationen rund um LNG und Projekten wie Nordstream 2. Passenderweise
war in dem Gang unseres Sitzungsraumes ein riesiges Foto vom roten Platz –
musste ich fotografieren obwohl muir dafür wahrscheinlich Verhaftung droht oder
ich an der Ausreise gehindert werde.
Erkenntnisse:
- Die DoS-Vertreter sind sich der Schwierigkeit
und der Sensibilität der Debatte in Deutschland bewusst und betonen ihren
strategischen Ansatz der Diversifikation, Vermeidung von Abhängigkeiten,
Unterstützung der Ukraine, die mit Nordstream 2 und Turkstream vollständig
umgangen werden soll etc. Alles Argumente, die von den meisten Außenpolitikern
in Deutschland geteilt werden, in der Debatte aber nicht durchdringen. Man
sucht im DoS neue Ansätze der Kommunikation – die Delegation wurde um
Ansatzpunkte gebeten.
- Der ebenfalls in der deutschen Debatte
regelmäßig auftauchende Vorwurf, man wolle ja nur das eigene LNG verkaufen wird
zurückgewiesen mit dem Hinweis auf zahlreiche Projekte der Diversifikation in
Europa – Interkonnektoren, Reverse-Flow-Pipelines, Ausbeutung neuer Vorkommen
wie in Zypern - welche die USA alle vorbehaltlos unterstützen, obwohl diese
theoretisch auch ihr Geschäftsinteresse mit dem eigenen LNG beeinträchtigen,
-
Die Verabschiedung der europäischen
Gasrichtlinie wird grundsätzlich positiv gesehen, man ist aber zurückhaltend
bzw. abwartend, weil die offenbar von ihren Gesprächspartnern in Brüssel und
Berlin und in anderen europäischen Hauptstädten sehr unterschiedlich
interpretiert wird.
- Den Widerstand gegen Nordstream 2 werde man
nicht aufgeben, die beteiligten Unternehmen arbeiteten weiter unter
Sanktionsgefahr.
Fazit Tag 1: volles Programm, sehr spannend, viele Infos und
zumindest am Vormittag herrlichstes Frühlingswetter. Trump, Netanjahu haben wir
nicht getroffen und den Mueller-Report leider auch nicht zugesteckt bekommen.
Bis morgen.