Mittwoch, 27. März 2019

Tag 2 in Washington



Präsidenten-Tag. Nachdem aus der Delegation niemand sonst Laufschuhe dabeihatte und unser Ministerbüro-Leiter Philipp Neuenfeldt, sonst zuverlässiger Laufgenosse, in Kiel geblieben ist, musste ich alleine los. Es war gleichwohl spektakulär – kalt, aber wolkenlos, Sonnenaufgang über dem Kapitol, Abraham Lincoln mit der Morgensonne im Gesicht. Besser hätte der Tag nicht beginnen können. 

Nach dem Frühstück ging es zur FERC, der Federal Energy Regulatory Comission, einer Mischung aus Bundesnetzagentur und einer Landesgenehmigungsbehörde. 
  
Die Behörde arbeitet einer unabhängigen 5-köpfigen Kommission zu, deren Vorsitzender immer ein Vertreter der Partei ist, die gerade den Präsidenten stellt. Die stellt auch immer 3 von 5 Mitgliedern. Aktuell ist aber ein Platz unbesetzt, was in der LNG-Industrie für Unruhe und Verärgerung sorgt, wie wir später am Tag erfahren haben. Die FERC kümmert sich um die umweltrechtliche Genehmigung aller LNG-Infrastruktur-Projekte die mindestens Reichweite über die Grenze zwischen 2 US-Staaten haben. Dazu kommen Import-/Exportterminals „onshore“ oder „nearshore“ (schwimmende Terminals wie das in Wilhelmshaven geplante). Anträge zum Bau von LNG-Offshore-Anlagen werden von der FERC nicht geprüft und genehmigt.
Director Terry Turpin schilderte uns das Vorgehen seiner Behörde. Erkenntnis: die Verfahren sind nicht weniger aufwändig als bei uns, enthalten öffentliche Beteiligung und werden nicht selten beklagt, wobei diese Klagen den Bau der Projekte nicht aufhalten – die Investoren müssen das Risiko in Kauf nehmen, von einem Gericht gestoppt zu werden. Das scheinen sie aber oft zu tun, weil – so Turpin – die Genehmigungen der Kommission, sind sie nach intensiver Prüfung erst einmal erteilt, sich im Regelfall als gerichtsfest erwiesen haben. Wegen der vielen parallelen Genehmigungsverfahren für LNG-Export-Terminals sie es für die Kommission aktuell „the busiest time we’ve ever seen“, so Turpin. Von den Tücken und der Langwierigkeit deutscher Genehmigungsverfahren haben er und seine Kolleginnen und Kollegen noch nichts gehört. Auch vom Berliner Flughafen noch nicht.  In der Diskussion über klagefreudige Bürger konnten sie aber mit einem schönen Akronym aufwarten:

BANANA – BUILD ABSOLUTELY NOTHING ANYWHERE NEAR ANYONE

Damit war der Vormittag schon wieder vorbei. Nach Ende des Meetings habe ich Terry Turpin noch vor’s Mikrofon gestellt: 



Nach der Mittagspause ging es weiter zu „Ressources for the Future“, einem Think Tank für Umweltfragen zum Gespräch mit Alan Krupnick und Jan Mares, letzterer gehörte schon der Adminsitration von Ronald Reagan an. Ressources for the Future lassen sich nicht von Unternehmen beauftragen, sondern stellen ihre Expertise i.d.R. Regierungsstellen zur Verfügung. Die Diskussion drehte sich vor allem um das Thema Methan-Emissionen. Auch Krupnick und Mares halten nichts von der These, dass die Fracking-Methode als solche höhere Methan-Emissionen verursache als konventionelle Fördermethoden. Die US-Gasindustrie gewinne eine Selbstverpflichtung immer mehr Zulauf, die Methanemissionen über die gesamte Kette von der Förderung bis zur Auslieferung kleiner 1 % zu halten. Solange die Methanemissionen unter 3 % bleiben hat der Ersatz von Kohle durch Gas einen positiven Klimaeffekt, sind also die klimaschädlichen Wirkungen unter Einberechnung der Methanemissionen geringer als beim Einsatz von Kohle.

Insgesamt wurde klar (mir zumindest), dass Energiewende in den USA eine ganz andere Bedeutung hat, als bei uns. In den USA ist damit mitnichten eine Abkehr von fossilen Energieträgern gemeint. Vielmehr ist das hierzulande die Shale-Gas-Revolution, die effektiv für eine Verbesserung der Klimabilanz der USA sorgt, weil sie Kohle verdrängt. Die durch die Fracking-Methode theoretisch erschließbaren Gasvorkommen sind so gewaltig, dass ein Ende der fossilen Energien in den USA nicht in Sicht ist. Vielmehr werden sich die Anstrengungen zum Klimaschutz in Richtung CO2-Auffang-Technlogien bewegen – CCS ist in den USA, anders als bei uns, keine Schreckens-sondern verheißungsvolle Zukunftsoption. Das heißt übrigens nicht, dass Renewables in den USA keine Chance hätten, die seien gewaltig im Kommen und auch am Thema Wasserstoff gebe es erhebliches Interesse.

Krupnick, der mir nach der Sitzung einen kurzen O-Ton gegeben hat, empfahl die Seite https://www.rff.org/sharc/ für Studien aller Art rund um die Umweltwirkungen von Öl Gas.


Anschließend ging es in das zweite, noch schönere Gebäude von Meridian, wo wir uns mit Fred H. Hutchinson getroffen haben, Präsident der LNG Allies Organisation, die sich der Förderung des Expots von LNG verschrieben hat. Mit ihm konnten wir alles, was wir bislang gehört hatten noch einmal vertieft diskutieren – ohne Zweifel ein Experte mit beindruckendem Know-How. Er bestätigte unter anderem, dass das Thema Methan-Emissionen für die Branche eines der absoluten TOP-Themen sei, zusammen mit der Effizienz des Verflüssigungsprozesses.
Auf der Rückfahrt zum Hotel habe ich mich bei der National Portrait Gallery absetzen lassen und noch schnell bei Obama vorbeigeschaut – so war der Tag dann schön von 2 US-Präsidenten eingerahmt.



Morgen besteht der Tag im Wesentlichen aus der Reise nach Corpus Christi/Texas über Houston – viel wird deshalb nicht zu berichten geben.

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